über das Beten

Khalil Gibran - "Der Prophet"

Ihr betet in eurer Verzweiflung und Not.

Ich wünschte, ihr würdet auch beten, wenn ihr von Freude erfüllt seid und an den Tagen, die reich euch beschenken. Denn was ist das Gebet anderes als die Entfaltung eurer selbst in den lebendigen Äther hinein?

 

Und wenn es euch tröstet, eure Dunkelheit in den endlosen Raum zu ergießen, dann spendet es auch Freude, das Erwachen eures Herzens strömen zu lassen. Und wenn ihr nicht anders könnt als zu weinen, wenn eure Seele euch zum Gebet ruft, dann soll sie euch trotz der Tränen wieder und wieder so lange bedrängen, bis ihr lacht.

 

Wenn ihr betet, dann steigt ihr empor, um in den Lüften denen zu begegnen, die zur selben Stunde ebenfalls beten und denen ihr anders als im Gebet nie begegnen würdet.

 

Deshalb besucht diesen unsichtbaren Tempel für nichts als Ekstase und süße Zwiesprache. Denn wenn ihr diesen unsichtbaren Tempel mit keinem anderen Ziel betretet als zu fordern, so werdet ihr nicht empfangen. Wenn ihr nur kommt, um euch zu demütigen, so werdet ihr nicht erhoben. Und wenn ihr nur kommt, um für das Wohl von anderen zu bitten, so werdet ihr nicht erhört.

 

Kommt ihr aber, um der Zwiesprache Willen, um der Nähe zu Gott Willen, getrieben von Sehnsucht, euch selbst darbringend und all euer Tun aufopfernd, durch Liebe getragen, wird seine Gnade all eure Schritte begleiten und sein Friede auf und in euch ruhen und sein Licht wird den Weg vor eurem Fuße erhellen. Alles Gute, worum euer Herz fleht, wird sich auf seine Weise entfalten, wenn die Zeit dafür gekommen ist.

 

Denn es ist genug, wenn ihr den unsichtbaren Tempel betretet. Denn wenn ihr lauscht in die Stille der Nacht, dann hört ihr schweigend sagen:

 

„Unser Gott, der du unser geflügeltes Selbst bist, es ist Dein Wille in uns, der will. Es ist Dein Verlangen in uns, das verlangt. Es ist Dein Drang in uns, der unsere Nächte, die Dein sind, in Tage verwandelt, die Dein sind. Wir können Dich um nichts bitten, denn Du kennst unsere Bedürfnisse, bevor sie in uns erwachen: Du bist unser Bedürfnis. Und indem Du uns mehr von dir selbst gibst, gibst Du uns alles.“

meine persönliche Gebetserfahrung

„Ich lernte den Begriff Gebet neu verstehen. Nicht nur das Sprechen eines Gebetes, das Zwiegespräch mit dem Vater ist für mich Gebet. Sondern mein ganzes Leben. Ich erwache früh und danke Gott. Ich opfere ihm alles auf, was mir begegnet. Gutes und Negatives, Erfolg und Misserfolg, alles was mich bewegt, alle Emotionen. Und am Abend begebe ich mich in seine Hände, das er über mich wachen möge. So bin ich der Betende und das Gebet zugleich.“

 

-NostraMiZi-

"Ein ewiges Gesetz besagt, dass jede Seele, die sich wahrhaft im Gleichklang mit Gott befindet, um alles bitten darf - es wird geschehen!

 

Ein solcher Gleichklang wird sie auch von vornherein daran hindern, um etwas zu bitten, das dem göttlichen Willen entgegengesetzt ist. Ihr Gebet wird Dinge berühren, die Gottes Herrschaft unterliegen, und es wird erst ausgesprochen werden, wenn jede menschlich mögliche Anstrengung gemacht worden ist, ohne zum Erfolg zu führen.

 

Nur ein winziger Bruchteil dessen, was die Erde "Gebet" zu nennen pflegt, verdient diese Bezeichnung. Der Rest ist vergeudete Mühe - ein Versuch, Gott durch Überredung oder Lobpreisung zum Handeln zu bewegen. Die Menschen fordern von IHM, was sie selbst aus Faulheit oder Selbstsucht nicht tun wollen, sie suchen seinen Segen selbst für Handlungen tyrannischer Unterdrückung anderer Menschen oder Völker, suchen sich durch SEINE Anrufung davor zu bewahren, dass ihnen zu Unrecht erworbenes Gut strittig gemacht wird. Solche Begehren erreichen das Ohr Gottes nicht in Ewigkeit."

 

- Robert James Lee-

(Reise in die Unendlichkeit - Das Leben jenseits der Nebelwand)

 

Für mich ist das Gebet ein Aufschwung des Herzens,

ein einfacher Blick zum Himmel empor,

ein Schrei der Dankbarkeit und der Liebe,

aus der Mitte der Prüfung wie aus der Mitte der Freude;

kurz, es ist etwas Großes, Übernatürliches,

das mir die Seele ausweitet und mich mit Jesus vereint.

 

-Theresia von Lisieux-

Das Gebet,

das ein Mensch mit all seiner Macht leistet,

hat eine große Kraft.

Es macht ein saures Herz süß,

ein trauriges Herz froh,

ein armes Herz reich,

ein dummes Herz weise,

ein ängstliches Herz kühn,

ein krankes Herz stark,

ein blindes Herz sehend

und eine kalte Seele brennend.

Es zieht den großen Gott hernieder in ein kleines Herz

und treibt die hungrige Seele hinauf zu dem reichen Gott.

 

-Mechthild zu Magdeburg-

"Wenn Sie mich fragen sollten, bevor ich jetzt gehe, endgültig gehe, ob ich nicht einen Zauberschlüssel kenne, der einem das letzte Tor zur Weisheit des Lebens erschließen könnte, dann würde ich antworten:

 

Ja!

Und zwar ist dieser Zauberschlüssel nicht die Reflexion, wie Sie es von einem Philosophen erwarten möchten, sondern das Gebet.

Das Gebet, als letzte Hingabe gefaßt, macht still, macht kindlich, macht objektiv.

 

Die großen Dinge des Daseins werden den betenden Geistern geschenkt."

 

-Peter Wust, Professor in Münster-

Abschiedsbrief an seine Studenten

 

 

 

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