Die Stille

Viele Menschen unseres Zeitalters sind unentwegt beschäftigt. Sie stehen spät auf, frühstücken, wenn überhaupt, während der Vorbereitung auf den Tag, hetzen zur Arbeit und selbst danach suchen sie nach Beschäftigungen, bis sie erschöpft zu Bett sinken und bereits schlafen, bevor ihr Kopf das Kopfkissen erreicht. Sie sind nicht in der Lage, die Stille zu ertragen. Andere Menschen sagen von sich, sie seien nicht in der Lage, allein zu leben, allein zu sein. Auch sie ertragen die Stille nicht.

Wenn wir ein spirituelles Leben führen wollen, ist es wichtig, den Unterschied zwischen Stille, Meditation, Gebet und Kontemplation zu kennen.

Die Stille hat ihren eigenen Stellenwert.
Sie fördert unser Gebet und bereichert unsere Meditation, deren zahlreiche Möglichkeiten wir besser auszuschöpfen verstehen.
Ein alter esoterischer Grundsatz lautet: „wage, handele und schweige.“

Der Begriff der Stille bezieht sich auf den Bewusstseinszustand und beinhaltet zwei Aspekte, die der geistige Schüler unbedingt erfüllen muss.
Es gibt „das Schweigen“ und „das bewusste Eintreten in die erhabene Stille“, in das Göttliche, das Allgegenwärtige.


Das Schweigen“ bezieht sich auf unser nutzloses Geschwätz, den Versuch, unsere Zeit damit zu verbringen, mit jemandem zu reden. Wenn wir den Pfad der Erleuchtung beschreiten, müssen wir lernen zu schweigen und unnötige Unterhaltungen zu vermeiden, um in die innere Stille gehen zu können. Andererseits würden wir verarmen, lebten wir nicht in einer Welt gegenseitiger Beziehungen mit anderen Menschen. Wir bedürfen der Arbeit und der Weiterentwicklung, aber wir benötigen Zeiten der Stille, um uns zu erfrischen, unser Bewusstsein zu stärken und inspiriert zu werden.

Die Stille ist unser Weg zu Gott.    
Ehe wir in die Stille eintreten , sollten wir mehrmals wiederholen:

„Meine Seele verlangt es nach dem lebendigen Gott.“

Wir fühlen, wie uns das Licht durchdringt, belebt, läutert und segnet.
Wir müssen lernen, unsere Seele für die Stille zu öffnen und unsere niederen Körper zur Ruhe zu erziehen. Die erhabene Stille wirkt beruhigend und befreit von Ungeduld, Furcht und Ruhelosigkeit. Wenn wir uns auf die Stille einstimmen, macht sich unser Höheres Selbst bemerkbar und überflutet uns mit stärkenden Energieströmen.
Alle wichtigen Dinge unseres Lebens senken sich in den stillen Gedanken.
Der innere Friede ermöglicht es uns, mit dem Königreich der Offenbarung in Kontakt zu treten. In diesen Augenblicken bestätigt unsere Seele dem Verstand und den Sinnen die Wirklichkeiten, die vor dem Hintergrund der Stille sichtbar werden.
Diese Erkenntnisse werden unser Leben in einer Weise beeinflussen, die dem oberflächlichen Denken versagt bleibt. In der Stille erblicken wir die Schönheit, die uns umgibt.


Wenn unsere Ehrfurcht und Erwartung tief genug sind, um uns der geistigen Einstimmung bewusst zu sein, sind wir bereit, die Schwelle der Ewigkeit zu betreten.
Wir sehen uns einer Stille gegenüber, die hohe Frequenzen ausstrahlt. Ruhig, ehrfürchtig und in froher Erwartung treten wir ein und schauen uns um,  in diesem unendlichen Raum. Die Energien dieses Zustandes wirken reinigend, und es erfüllen uns Ruhe und Harmonie. Wir blicken in Erwartung empor. Wir sind bereit, Belehrungen/Mitteilungen/Anregungen zu empfangen und/oder zu meditieren.

 

Dieser Raum der Stille wird in Indien als Samadhi bezeichnet. Darunter wird ein unveränderlicher Bewusstseinszustand, der nur in tiefer Meditation erlebt wird, verstanden. Der Meditierende ruht im Selbst. Dies bedeutet unendliche Glückseligkeit. Es existiert kein Raum, keine Zeit, nur ewiges Jetzt. Es ist kein Zustand der erlebt wird - der Meditierende IST DAS. Der Meditierende ist eins mit seinem Selbst - er ist das SELBST. Dies ist die Ebene, die ich als Ausgangspunkt meines Selbsterkennungs-prozesses nutzte/wählte.

 

Im kabbalistishen Baum des Lebens identifizierte ich diese Ebene als Daat, die verborgene Sephirot in uns. Dieser vierte Bewusstseinszustand tritt getrennt von den anderen drei Zuständen (Wachen, Schlafen, Träumen) auf. Im Laufe vieler Jahre der spirituellen Praxis und dem regelmäßigen Aufsuchen der Stille in tiefer Meditation löst sich irgendwann die Trennung der Bewusstseinszustände auf und Samadhi bleibt bestehen, während man wach ist, schläft oder träumt. Dieser Zustand wird in Indien als Nirvikalpa Samadhi bezeichnet - wir, im Westen, bezeichnen dies als die große Erleuchtung.

 

Die Erreichung dieser vierten Bewußtseinsebene, als Ausgangspunkt all unserer spirituellen Erkenntnisprozesse, Basis unserer Arbeiten und Startpunkt zum Erlangen von Erleuchtung, ist der Grund, warum wir meditieren und all die Mühe auf uns nehmen, um so tief eintauchen zu können. Diese Ebene, die nur in der Meditation erreichbar ist - das ist der Grund für die Existenz und Daseinsberechtigung der Meditation.